this post was submitted on 17 Aug 2025
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DACH - Deutschsprachige Community für Deutschland, Österreich, Schweiz

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founded 1 year ago
MODERATORS
 

Hier ein paar Auszüge aus dem sehr lesenswerten Artikel.

"Viele kleine Dinge - alle zusammen: ein großes Problem", sagt Perzyna. Es gibt auch noch einen Wasserschaden an der Küchendecke, eine nicht funktionierende Gegensprechanlage und diverse andere Probleme, um die sich die Hausverwaltung einfach nicht kümmere, erzählen die beiden. Und duschen könnten sie bis heute nicht, wenn sie sich nicht selbst geholfen hätten.

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Einen Kredit zu erhalten, sei kein Problem - zumindest in Polen. Gierko erzählt, in Deutschland habe sie noch nicht mal einen Leasingvertrag für ein Auto bekommen. Sie sei selbständig, wirtschaftlich erfolgreich, zahle hohe Steuern und Fixkosten, etwa an die Krankenkasse - "und trotzdem habe ich als Antwort bekommen, ich sei nicht kreditwürdig".

Leicht ironisch fügt sie hinzu: "Obwohl die Verdienste anscheinend gar nicht so schlecht sind, wenn die Steuern doch relativ ins Eingemachte gehen." Einen Leasingvertrag hat sie dann doch noch bekommen - allerdings nur in Polen. "Telefonisch, nach sieben, acht Minuten maximal", erklärt ihr Ehemann.

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Schon wieder zurück in Warschau ist Jacek Dehnel. Nicht einmal fünf Jahre hat er es in Berlin ausgehalten. 2020 hatte er Polen verlassen. Wegen der Homophobie in Teilen der Gesellschaft und weil der Kandidat der rechten PiS-Partei die Präsidentenwahl gewonnen hatte

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"Ich habe den Eindruck, dass Deutschland in Bezug auf die alltägliche Lebensqualität ein 'Failed State' ist", sagt er. Ein "gescheitertes Land" also. Ein Begriff, der in Medien üblicherweise eher für Staaten wie Somalia, den Jemen oder die Demokratische Republik Kongo benutzt wird. Orte, in denen der Staat die Kontrolle über sein Hoheitsgebiet verloren hat also.

Den Begriff "Failed State" will er leicht ironisch verstanden wissen - denn in Deutschland habe der Staat im Gegensatz zu den genannten Ländern eher zuviel Kontrolle als zu wenig. Für alles müsse man einen Antrag stellen, die Ämter seien unkooperativ, bürokratisch - und in der Regel nicht digital zugänglich.

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Sein Eindruck sei, "dass die deutsche Gesellschaft daran gewöhnt ist, dass der Staat sie auf diese Weise drangsaliert - und das als normal ansieht." Ärger mit irgendwelchen Ämtern sei die Regel, das Steuersystem sei kompliziert. Er konstatiert: "Und alle nehmen das als selbstverständlichen Teil des Lebens hin."

top 26 comments
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[–] LH0ezVT@sh.itjust.works 15 points 20 hours ago

Der Kernpunkt ist meiner Meinung nach, Deutschland fühlt sich nicht so an, als ob es besser wird.

Alles wird irgendwie schlechter, inkompetenter, bürokratischer, wir verwalten eigentlich nur den Abstieg und versuchen ein paar nette Jahre rauszuquetschen.

Und wenn alle so denken, dann macht auch keiner was, dann selbsterfüllt sich das. Klar, Polen hat wirtschaftlich viel tiefer gestartet, aber da geht es (gefühlt) noch nach oben.

Ich glaube ernsthaft, das ist, warum die Faschos gerade Aufwind haben. Die haben eine Vision, eine Utopie. Klar, die ist halt scheiße. Aber die haben wenigstens eine.

Mann, ich weiß nicht, wie wir das lösen können.

[–] Waldelfe@feddit.org 5 points 18 hours ago (1 children)

"Viele kleine Dinge - alle zusammen: ein großes Problem" beschreibt es schon ganz gut. Ich habe eine Weile in Digitalisierungsprojekten der Kommunen rmitgearbeitet. Es hat alles irgendwie ein bisschen gehakt, keiner wollte was ändern und hinterher kam Mist raus.

Fing dabei an, dass es auf allen Seiten an Personal mangelte. Im Amt hätten sie locker das Doppelte gebraucht, damit das Tagesgeschäft läuft und nebenbei Zeit für unser Digitalisierungsprojekt ist. Tatsächlich waren die kommunalen Mitarbeiter immer die ersten, die mehr Digitalisierung (und damit Arbeitserleichterung) wollten. Aber wenn du nur 1-2 Mitarbeiter für eine Steuerart hast, wie sollen die im Tagesgeschäft die Zeit finden, dem Entwickler zu erklären was gebraucht ist?

Auf unserer Seite hatten wir dann nicht nur Personalmangel (weil jeder halbwegs gute Entwickler in der freien Wirtschaft das Doppelte verdient), ein großer Teil der Belegschaft war kurz vor der Rente und hat sich mit Händen und Füßen gegen jede Neuerung gewehrt. Sogar die ITler und Entwickler waren meist Ü55 und nicht davon abzubringen, weiter exakt wie in ihrer Ausbildung zu arbeiten. Sharepoint ist der Feind, man "greift einfach zum Hörer und klärt das kurz" (=nichts ist dokumentiert, jeder hat 100 kleine Absprachen mit Einzelpersonen, niemand weiß, was der andere tut, keiner hat den Überblick).

Sobald man hier mal halbwegs effizient arbeiten will, fühlen sich gleich 20 andere auf den Schlips getreten, weil sie nicht mehr so weitermachen können wie seit 30 Jahren. Und auf Führungsebene sitzen Leute, die noch jedem Schreier den Kopf tätscheln und nachgeben und lieber die Leute rauskicken, die ein bisschen zu sehr Veränderung wollen. Alle heulen, wie rückständig Deutschland ist, aber wenn bei IHREM Job mal Dinge optimiert und digitalisiert werden sollen, sind sie die ersten, die sich querstellen.

[–] LH0ezVT@sh.itjust.works 3 points 16 hours ago (1 children)

Das hört man leider immer wieder, in allen Arten von Behörden. Es gibt einfach keinen Grund, es besser zu machen, warum auch, dann muss man ja mehr denken, und dank Personalmangel sind eh alle unkündbar

[–] Waldelfe@feddit.org 4 points 15 hours ago (1 children)

Die Älteren sind unkündbar, bei den Jüngeren werden nur 2-Jahresverträge gemacht und wenn die dann ein paar Fragen zuviel stellen, sind sie schnell weg. Ist mir so passiert, hab's sogar genau so vom Teamleiter gesagt bekommen: man behält mich nicht nach Ende der Befristung, weil ich zu viel "gemeckert" habe, sein Beispiel war wie ich mehrfach nach besseren Projektmanagementtools (heißt: besser als 100 Emails mit je 30 Leuten im cc) gefragt habe. "So läuft das hier einfach nicht und das hast du nicht verstanden."

Die alten, die sich allem verweigern sind unkündbar. Die jungen, die zu viele Fragen stellen, werden schnell gekickt.

Ich hätte ja schon was ahnen können, als ich mit 38 die drittjüngste im ganzen Fachbereich war nach einer 23jährigen, die dort Ausbildung gemacht hat, und einem 37jährigen, ebenfalls seit der Ausbildung dort.

[–] LH0ezVT@sh.itjust.works 4 points 13 hours ago (1 children)

Wtf, das tut jedes mal weh, das zu hören. Eine einzige ABM für Menschen, deren Flexibilität morgens beim Schuhe zu binden endet. Jetzt hab ich Lust, jemandem den Kaffee vom Tisch zu schubsen, damit mal irgendjemand anders als Otto Normalsteuerzahler die Konsequenzen hat.

[–] Waldelfe@feddit.org 1 points 12 hours ago

Soll ich dir die Adresse von meinem Exchef geben :3?

[–] claimsou@lemmy.world 6 points 21 hours ago (3 children)

ich weiß nicht. Meine persönlichen Erfahrungen mit der deutschen Bürokratie waren recht gut. Freundlich und effizient. Es ist natürlich nur meine eigene Erfahrung. Und nicht Berlin…

[–] LH0ezVT@sh.itjust.works 2 points 13 hours ago

Es kommt auch total darauf an, wo du bist. Das Amt in meiner Heimatstadt ist inkompetent, aber freundlich. Das Bürgeramt, bei dem ich jetzt wohne, ist todes-überarbeitet, und das Ausländeramt stellt nur Menschen hassende Sadisten ein. Dafür sind die bei der KFZ-Zulassung echt gut. Tja.

[–] Saleh@feddit.org 3 points 21 hours ago (1 children)

Das freut mich für dich. Ich kenne mehrere Leute, die seit über einem Jahr auf eine Rückmeldung/Termin/Bearbeitung ihres Antrages bei der Ausländerbehörde warten (In Berlin, Brandenburg und Sachsen)

[–] zaphod@sopuli.xyz 8 points 21 hours ago (2 children)

Ich glaube genau da liegt so ein bisschen der Unterschied, Ausländerbehörden scheinen durchweg scheiße zu sein, aber als Deutscher muss man da eher selten bis nie hin und bekommt das nicht richtig mit wie scheiße die oft sind. Jetzt stellt sich die Frage warum die so scheiße sind, kann einfach nur Unterbesetzung sein, wobei selbst das Absicht sein kann.

[–] smokeysnilas@feddit.org 3 points 16 hours ago* (last edited 13 hours ago)

Ja begleitet mal eure internationalen Freunde zu sowas. Wer Perso und KFZ Zulassung schon mies findet der wird nochmal auf ein ganz anderes Level gebracht.

So Highlights wie das Amt öffnet um 8 aber spätestens um 5 ist die Schlange so lang das alle Termine des Tages vergeben sind. Man darf also erstmal mitten in der Nacht aufstehen und dann draußen vorm Amt in der Schlange frühstücken mit Kaffee aus der Thermoskanne und sich >3 Stunden lang die Füße platt stehen bevor man überhaupt in den Wartebereich kommt. Und wehe die Uni hat deine Noten nicht rechtzeitig eingetragen und das Amt kann deinen Studienfortschritt nicht prüfen. Dann kriegst du dein Studivisum jeweils nur für einen Monat verlängert und darfst die Aktion danach nochmal durchziehen. Und jedes Mal natürlich 150€ für die Bundesdruckerei für einen neuen Aufenthaltstitel.

Aber der größte Scherz ist Amtssprache Deutsch im f***ing Ausländeramt. Die dürfen nur auf Deutsch mit den Leuten reden weil alles andere ist nicht rechtssicher bzw würde formal höhere Qualifikationen und höhere Gehälter für die Sachbearbeiter erfordern, was natürlich unmöglich ist...

[–] cows_are_underrated@feddit.org 2 points 17 hours ago

Es ist zum großen Teil die Unterbesetzung, die halt für enorm lange Wartezeiten sorgen und dass teils Dinge mehrfach eingereicht werden müssen, weil Angaben veraltet waren. Dazu kommt, dass die Politik die Regeln gezielt so schreibt um Menschen mit Migrationshintergrund ganz bewusst zu schikanieren und zu gängeln. Und ganz zum Schluss kommt auch noch, dass die Personen die da arbeiten stellenweise auch Arschlöcher/Rassisten sind. Ich kann das selber nicht beurteilen, aber vertraue einfach mal ein Stück weit den ganzen Geschichten die man so über diese Behörde hört. Ich habe auch schon häufiger mal gehört, dass wenn man da mal hin muss, sich einfach einen "typisch deutschen" im Anzug mitnehmen soll, weil die dann alle Schoss haben, dass da der Anwalt dann mit im Raum sitzt und die kein Bock auf den Stress mit dem haben.

[–] Goldholz@lemmy.blahaj.zone 1 points 21 hours ago

Meine auch. Klar am Anfang stressig und sie war genervt, war aber auch Ausländeramt

[–] Ontimp@feddit.org 32 points 1 day ago (1 children)

Ja sehe ich. Die deutsche Zivilgesellschaft hat aktuell leider die Tendenz Verantwortung blind nach oben abzuschieben und dann unzufrieden zu sein egal was passiert, ohne eine klare Vision für die eigene Zukunft und ohne Erwartungen an die eigenen Politiker.

Die Politik kann es daher weder richtig noch falsch machen; große Probleme anzugehen wird nicht honoriert, Bullshit zu verzapfen nicht bestraft.

Am liebsten hätten alle ein fiktives Deutschland zurück das nie existiert hat, in dem man in seiner prüden bürgerlichen Existenz nicht mit Problemen und Veränderungen behelligt wird, die von einem verlangen sich zu politisieren.

[–] plyth@feddit.org 0 points 1 day ago

Am liebsten hätten alle ein fiktives Deutschland zurück das nie existiert hat, in dem man in seiner prüden bürgerlichen Existenz nicht mit Problemen und Veränderungen behelligt wird, die von einem verlangen sich zu politisieren.

Wenn alle das wollen würden, wäre die Umsetzung gar nicht so schwer.

[–] plyth@feddit.org 7 points 1 day ago (2 children)

Und alle nehmen das als selbstverständlichen Teil des Lebens hin.

Was könnte diese Einstellung ändern?

[–] LH0ezVT@sh.itjust.works 4 points 13 hours ago (1 children)

Vielleicht ein Zivildienst, bei dem man gezwungen wird, Leuten beim Gang zum Amt zu helfen?

[–] trollercoaster@sh.itjust.works 1 points 13 hours ago

nEiN dAs WäRe DoCh bÖsE zWaNgSaRbEiT!!11!!!!11!!

[–] DrunkenPirate@feddit.org 5 points 1 day ago

Mal woanders leben

[–] copacetic@discuss.tchncs.de 11 points 1 day ago (1 children)

Also für alle die Auswandern wollen ist Polen vielleicht eine Option?

PiS ist aber halt noch nicht besiegt.

[–] Saleh@feddit.org 21 points 1 day ago (1 children)

Meine anekdotische Erfahrung war, dass junge Polinnen und Polen sehr gut Englisch sprechen können. Mit der älteren Generation wird es dagegen schwierig. Ich glaube man sollte also vorher auf B1 oder B2 kommen.

Ich finde es sehr bezeichnend, dass offen schwule Menschen lieber das Risiko von PiS hinnehmen, als sich weiter mit der Situation in Deutschland rumzuschlagen, bzw. dass sich die Situation in Deutschland inzwischen so weit verschlechtert hat, dass das kein Grund mehr ist, um hier zu leben. Besonders absurd dabei finde ich, dass Polen ein EU-Land ist. Es dürfte die beschriebenen Probleme mit der Verwaltung oder mit Leasingverträgen gar nicht geben.

[–] brainwashed@feddit.org 6 points 1 day ago* (last edited 1 day ago) (1 children)

Es dürfte die beschriebenen Probleme mit der Verwaltung oder mit Leasingverträgen gar nicht geben.

Ich hab das Problem garnicht verstanden. Das kann aber auch eine Funktion des besseren Verbraucherschutzes sein. Je einfacher ich in die Privatinsolvenz komme umso schwerer wird es für Menschen am Rande der Kreditwürdigkeit, einen solchen zu bekommen.

Das mit dem Vermieter ist allerdings ein Fuckup, unding dass die quasi beliebig lange verzögern können.

[–] squaresinger@lemmy.world 9 points 1 day ago (1 children)

Das Problem ist der Schufa-Wahnsinn. Die Bude dürfte mit DSGVO eigentlich gar nicht existieren.

[–] brainwashed@feddit.org 0 points 1 day ago* (last edited 1 day ago) (1 children)

Naja alles falsche kann ich ja löschen lassen. Und das selbstständige schwerer an Kredite kommen liegt halt auch am objektiv höheren Risiko. Bin aber auch kein Freund von denen und hole mir quartalsweise ne Auskunft um da keine dummen Überraschungen zu erleben.

[–] No_Money_Just_Change@feddit.org 4 points 22 hours ago

Ja aber dein Schufa score wird besser um so länger du in System bist ohne das es Auffälligkeiten gibt. Das heißt Migranten in den besten wirtschaftlichen Umständen starten trotzdem erstmal mit einem vergleichsweise miserablen Score (Hörensagen von einem Österreichischen Freund)

[–] _edge@discuss.tchncs.de 6 points 1 day ago

Hab Pollen gelesen und war verwirrt.