this post was submitted on 16 May 2025
33 points (100.0% liked)
DACH - Deutschsprachige Community für Deutschland, Österreich, Schweiz
3841 readers
381 users here now
Das Sammelbecken auf feddit.org für alle Deutschsprechenden aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und die zwei Belgier. Außerdem natürlich alle anderen deutschprechenden Länderteile der Welt.
Für länderspezifische Themen könnt ihr euch in folgenden Communities austauschen:
___
Aus gegebenem Anlass werden Posts zum Thema Palästina / Israel hier auf Dach gelöscht. Dasselbe gilt zurzeit für Wahlumfragen al´a Sonntagsumfrage.
___
Einsteigertipps für Neue gibt es hier.
___
Eine ausführliche Sidebar mit den Serverregeln usw. findet ihr auf der Startseite von feddit.org
___
founded 11 months ago
MODERATORS
you are viewing a single comment's thread
view the rest of the comments
view the rest of the comments
Ich bin zwar selbst großer fan von Privatsphäre, sehe aber auch die Möglichkeit zur Anonymität sehr kritisch in politischen Belangen. Es ist mit der Demokratie nicht vereinbar wenn ich im Internet radikale Hetze propagiere und mich im normalen leben hinter einer freundlichen Fassade verstecken kann. Vorm Internet ging das auch nicht, und die Leute haben sich auch nicht unterdrückt gefühlt.
Es müsste ein gesunder Mittelweg geschaffen werden aus einer anonymisierten digitalen Identität welche aber gleichzeitig fest mit der echten verknüpft ist und unter gewissen rechtlichen Voraussetzungen auch offengelegt werden kann.
Die Impressumspflicht ist mMn schon ein guter Anfang. Wenn ich einen Onlineauftritt (welcher Art auch immer) gestalte, womit ich unter die Impressumspflicht falle, dann sage ich ja eigentlich schon aus "hier bin ich, ich will gesehen werden".
Ein vielleicht holpriger Vergleich mit der realen Welt: wenn ich auf den Wochenmarkt gehe und dort einkaufe, dann ist es ok, wenn ich dann Privatsphäre erwarte und nicht am Eingang meinen Perso zeigen muss. Stelle ich mich da aber auf eine Kiste und gebe meine Meinung lauthals kund, dann darf ich mich nicht wundern, wenn jemand wissen will, wer ich eigentlich bin.
Soweit ich weiß gilt die Impressumspflicht nur, wenn der Webauftritt kommerzieller Natur ist. Das ist in diesem Fall zwar gegeben, aber wenn ich meinen eigenen kleinen Blog ohne auch nur die entfernte Absicht, Geld damit zu verdienen (direkt oder indirekt), führe, dann brauche ich dort kein Impressum.
Einzige Problem mit der Impressumspflicht ist, dass in der aktuellen Ausgestaltung jeder Hinz und Kunz deine Adresse sehen kann, und das ist für private Blogbetreiber die sich kein Büro o.Ä. leisten können schon problematisch.
Das kann man mit einem Impressumsservice umgehen. Dazu muss man natürlich von dieser Möglichkeit wissen und sie sich leisten können.
Na das klingt ja rechtssicher ...
Schade dass man kein Postfach nutzen kann.
Im Kern hat das Internet hier eine Möglichkeit für Einzelpersonen geschaffen, sich eine große mediale Reichweite zu schaffen. Darauf ist aber unsere Gesetzgebung nicht ausgerichtet - die geht davon aus, dass publizistisch tätige Personen das mit einem Verlag oder einer Zeitung im Hintergrund und aus dem Inland machen. Dort gibt es dann eine ladungsfähige Adresse, die Privatadressen sind geschützter und im Zweifelsfall gibt es auch eine eigene Rechtsabteilung, die Klagen abfedert.
Hast du dann diese gewaltige (oder auch weniger gewaltige) Reichweite von Privatpersonen, kommst du automatisch in einen Konflikt: Natürlich hat keiner Bock, dass dann nach einem Blogpost Nazis vor der Tür stehen oder man Drohschreiben an die private Postadresse bekommt. Oder dass kritisierte Personen einen dann mit Klagen überziehen und finanziell ruinieren. Andererseits bestehen dann solche Fälle wie hier oder beim Atilla Hildmann und ähnlichen Gestalten, die dann z.T. aus dem Ausland massiv Propaganda und Hetze ins Inland tragen und rechtlich nicht greifbar sind.
Flugblätter, anonymes Lobbieren bei Meinungsmachern (im positiven, wie negativen Sinn), Piratensender, Informanten für investigative Journalisten, Schmuggel von Informationen ins Ausland, Vermummt bei Demonstrationen, Direkte Aktionen z.B. gegen Abschiebeknäste, Castortransporte, Braunkohletagebauten...
Wenn man sagt, bei politischen Belangen ist Anonymität kritisch, dann gilt das für alle Belange. Du kannst ja mal Menschen fragen, die sich als LGBTQ identifizieren und etwas älter sind, wie es so in Deutschland vor 30 Jahren war.
Wenn man die Offenlegung der Identität sicher ermöglicht, dann greift das genauso wenn z.B. die AfD in Deutschland die Macht ergreift und alle "Linksgrünen" in Lager stecken will.
Das letzte was wir brauchen sind noch mehr Überwachungsinstrumente. In dem konkreten Fall hätte man bei strafbaren Inhalten Anzeige erstatten können und darüber hinaus Youtube als Plattform in die Verantwortung nehmen können. Dann hätte man auch einen guten Beitrag gehabt, wenn auf diese Anzeigen nicht reagiert worden wäre.
Letztlich ist dann auch die Frage ob man Böhmermann, der z.B. den Macher des Ibiza-Videos aus Spaß oder Geltungssucht hat auffliegen lassen obwohl der journalistische Standard Quellenschutz wäre, zum Entscheider machen will, wer öffentlich denunziert werden soll und wer nicht.
Du sprichst einen wichtigen Punkt an. Aber es ist ein Unterschied, ob ich mich persönlich in meinem Umfeld engagiere, oder ob ich massenwirksam arbeite. Ob man mal auf eine Demo geht, ein Flugblatt tippt oder eine Ladung Sticker bestellt und verteilt.
Ab einem gewissen Engagement wird man immer öffentlich. Demos anmelden, als Ordner bei einer Demo auftreten, im Impressum einer Webseite stehen, als Ansprechperson in den Medien, wenn Rechnungen bezahlt werden etc.
Diese Art von Anonymität ist aber dennoch direkt und untrennbar mit dem Menschen verbunden, im Gegensatz zu den Möglichkeiten des Internets, insbesondere was Reichweite und mögliche Distanz betrifft.
Flugblätter muss man drucken lassen und verteilen, jetzt hat sozusagen jeder eine Printanlage auf dem Schreibtisch und ein potenziell globales Distributionsnetzwerk. Piratensender, physischer Schmuggel von information, Vermummung, Aktionismus, usw. Sind aber trotz Anonymität immer direkt mit der Person verbunden, sprich wenn man erwischt wird wird einem die Sturmhaube runter gezogen und notfalls ein Wangenabstrich gemacht. Nicht im momentanen zustand des Internets.
Ich verstehe und teile natürlich auch deine Besorgnis hinsichtich rechter Verfolgung von Opposition, und bin absolut für alternative Vorschläge offen, aber ich wüsste keine bessere, halbwegs die Privatsphäre-wahrende Lösung als die Schaffung einer zweiten anonymen, aber fest mit der echten identität verknüpften virtuellen ID.
So könnte man, entsprechend professionelle Umsetzung vorausgesetzt, beispielsweise garantieren dass alle Personen in einer Konversation individuelle, lebendige deutsche Staatsbürger und nicht russische botfarmen sind, würde dem medialen Diskurs sicher nicht schaden.
Vielleicht könnte man zukünftig sogar direktdemokratische Entscheidungsprozesse auf diese Weise abwickeln (ein bisschen utopisch im Neuland Internet, ich weiß).
Gegenargumente:
Auch aktuell lassen sich die meisten Leute im Notfall deanonymisieren, weil die technischen Voraussetzungen nicht geschaffen wurden. Es setzt erstmal ein relativ hohes Verständnis und Aufwand vorraus um auch vor Strafverfolgung anonym zu sein.
Im Fediverse scheitert das ganze spätestens, wenn sich eine Person mit ihrer anonymen ID auf mehreren Servern Accounts anlegt und sich damit amplifiziert. Sonst müsstest du ständig zwischen allen Servern alle anonymen Identitäten austauschen, was wiederum ein Alptraum für die Privatssphäre ist.
Wenn wir das für Kommentare, Blogeinträge & co. haben, dann dauert es keine 6 Monate, bis die CSU das für Pornoseiten und Killerspiele durchsetzt. Dann gehts weiter damit, wer z.B. nach der Möglichkeit zur Abtreibung, Harm Reduction bei Drogenkonsum oder Hilfsangebote für psychische Notsituationen sucht.
Wir haben ausnahmslos bei allen Überwachungsinstrumenten und Befugnissen in den letzten zwei Jahrzehnten erlebt, dass diese einerseits jenseits des gesetzlichen Rahmens missbraucht werden und andererseits, dass die Befugnisse ständig ausgeweitet werden.
Schließlich haben wir mit der Patientenakte gesehen, wie schlecht solche Vorhaben in Deutschland umgesetzt werden, was Datenschutz und IT-Sicherheit angeht. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, bis Russland die Identitäten zahlreicher deutscher Staatsbürger hat und dann die Botfarmen mit Gütesiegel weiterbetreiben kann.