this post was submitted on 10 Sep 2025
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Deutschland

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founded 1 year ago
MODERATORS
 

tl;dr: Der zuständige Proberichter hätte den Durchsuchungsbeschluss nicht ausstellen dürfen, dazu war zum einen die Beweislage viel zu dünn. Zum anderen fehlt die Beteiligung der Staatsanwaltschaft. Dass Frau Merz zunächst keine Kenntnis hatte, ist hingegen sehr plausibel.

all 17 comments
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[–] CyberEgg@discuss.tchncs.de 32 points 4 days ago (3 children)

Bereits aus diesem Grund ist der knappe Durchsuchungsbeschluss des AG Arnsberg grob fehlerhaft. Das allein begründet noch keinen Skandal; zu häufig werden Durchsuchungsbeschlüsse vom LG oder dem BVerfG kassiert.

Ich halte jeden Durchsuchungsbeschluss, der ohne einen ausreichenden Verdacht und unverhältnismäßig angeordnet und durchgeführt wird, für einen Skandal, gerade weil Hausdurchsuchungen so krasse Eingriffe in die Grundrechte eines Menschen darstellen, und obendrauf weil dabei ja auch vermeintliche Beweise gesichert werden, die zurückerlangen oft immense Anstrengungen von den Betroffenen erfordert und deren fehlen, gerade wenn es sich um Computer und Mobilgeräte handelt, einschneidend für den Alltag ist.

Dass der unverhältnismäßige und offensichtlich unzureichend begründbare Durchsuchungsbeschluss hier so leichtfertig mit "wird ja doch kassiert" abgetan wird, spielt die Schäden, die daraus entstehen können, stark herunter. Ziemlich uncool.

[–] Fiona@lemmy.blahaj.zone 11 points 4 days ago (1 children)

Ich habe dem Autor jetzt mal folgende Email geschrieben:

Sehr geehrter Herr Kolter,

In ihrem Artikel “Der Skandal ist nicht Char­lotte Merz”[1] findet sich der Satz

Das allein begründet noch keinen Skandal; zu häufig werden Durchsuchungsbeschlüsse vom LG oder dem BVerfG kassiert.

Ich sehe was sie hier mutmaßlich zum Ausdruck bringen möchten, halte es aber für sehr bedenklich, dass sie dies so formulieren, als wäre nicht jede illegale Hausdurchsuchung für sich ein Skandal. Es handelt sich hier um einen krassen Grundrechtseingriff der auch stark traumatisieren kann. Es wäre daher wahrscheinlich gut, diese Formulierung dahingehend anzupassen. (Auch dass diese Beschlüsse „zu häufig“ kassiert werden ist nicht optimal, da das Problem ja nicht ist, dass sie kassiert werden, sondern dass sie überhaupt erst erlassen wurden.)

Mit freundlichen Grüßen,
Fiona Weber

[1] https://www.lto.de/recht/justiz/j/ag-lg-arnsberg-charlotte-merz-kruschinski-durchsuchung

Mal sehen, ob was zurück kommt…

[–] CyberEgg@discuss.tchncs.de 5 points 4 days ago

Spannend. Ich habe mit einem ähnlichen Gedanken gespielt, allerdings ist mein Kopf heute zu voll mit anderen Dingen. Ich setze mich morgen mal dran, wenn du vorher etwas hörst, kannst du das gerne teilen.

(Keine Ahnung, ob du da sonst drauf achtest (oder ob das überhaupt dein echter Name ist), aber vielleich willst du deinen Klarnamen nicht in einem öffentlichen Forum posten.)

[–] JoKi@feddit.org 12 points 4 days ago (1 children)

Ich spiele mal den Advocatus Diaboli (sorry für den Witz): Da es sich um eine Fachseite handelt unterstelle ich hier nicht unbedingt Verharmlosung sondern einfach eine nüchterne (vielleicht auch resignierte) Feststellung, dass dieser Fehler nicht auffällig außergewöhnlich sondern leider unauffällig gewöhnlich ist. Das macht den Fehler zwar nicht wett, allerdings auch ein Verschwörung bei Gericht unwahrscheinlicher.

[–] CyberEgg@discuss.tchncs.de 6 points 4 days ago* (last edited 4 days ago) (1 children)

Das macht […] ein Verschwörung bei Gericht unwahrscheinlicher.

Die Verbindung wollte ich damit gar nicht knüpfen.

Ich meine aber, dass jede einzelne Instanz dieser ungerechtfertigten Durchsuchungsbeschlüsse ein Skandal für sich ist, und die Häufigkeit und Normalisierung auch nochmal ein eigener Skandal.
Und ich meine auch, dass ein Fachblatt das (ganz nüchtern) erkennen können und benennen sollte.

[–] JoKi@feddit.org 1 points 4 days ago (1 children)

Ich würde es auch begrüßen, wenn dieser Fall zu einer umfangreicheren Berichterstattung und Debatte über solche Fälle führen würde. Und gerne darf dieses Fachblatt damit beginnen. Da der Beitrag selbst allerdings diesem speziellen Fall gewidmet ist, wäre das für mich der falsche Ort.

[–] CyberEgg@discuss.tchncs.de 2 points 4 days ago* (last edited 4 days ago) (1 children)

Da der Beitrag selbst allerdings diesem speziellen Fall gewidmet ist, wäre das für mich der falsche Ort.

Kommt drauf an. Man kann ja durchaus mit einem spezifischen Fallbeispiel einleiten, darauf aufbauen und "herauszoomen", um das große Ganze zu beleuchten. Aber ich verstehe, was du meinst. Dennoch finde ich es kritikwürdig, das als "nicht skandalös" abzutun.

[–] JoKi@feddit.org 3 points 4 days ago (1 children)

Man kann ja durchaus mit einem spezifischen Fallbeispiel einleiten, darauf aufbauen und “herauszoomen”, um das große Ganze zu beleuchten.

Ja, das wäre eine gute Möglichkeit um das Thema einzuleiten. In diesem Bericht werden allerdings mehrere Punkte angeschnitten. Ein eigener Bericht, der diesen Teil nochmal aufnimmt, erklärt warum auch jenseits von Frau Merz zu viele Fehler passieren und idealerweise hier noch verlinkt wird, wäre für mich eine gute Lösung.

Dennoch finde ich es kritikwürdig, das als “nicht skandalös” abzutun.

Wie gesagt, ich vermute der "Skandal" diente in diesem Fall vor allem als Vergleich zur üblichen Praxis. Im gleichen Satz wird auch bemängelt, dass solche Fehleinschätzungen "zu häufig" passieren, also ein gewisses Bedauern wird schon zum Ausdruck gebracht. Und im folgenden Satz wird deutlich gemacht, dass es trotz dieser Umstände noch weitere Auffälligkeiten gab.

Ist insgesamt vielleicht nicht optimal formuliert, im Kontext mit erscheint es mir dennoch nicht so als würde der Autor solche Fälle abtun.

[–] CyberEgg@discuss.tchncs.de 3 points 4 days ago

Ja, das wäre eine gute Möglichkeit um das Thema einzuleiten. In diesem Bericht werden allerdings mehrere Punkte angeschnitten. Ein eigener Bericht, der diesen Teil nochmal aufnimmt, erklärt warum auch jenseits von Frau Merz zu viele Fehler passieren und idealerweise hier noch verlinkt wird, wäre für mich eine gute Lösung.

Absolut, das wäre wünschenswert.

Ist insgesamt vielleicht nicht optimal formuliert, im Kontext mit erscheint es mir dennoch nicht so als würde der Autor solche Fälle abtun.

Abtun war vielleicht meinerseits ein falscher Ausdruck. Aber auch in diesem Kontext hätte ich mir einfach gewünscht, dass es schärfer kritisiert würde.

[–] ctenidium@lemmy.world 2 points 4 days ago

Volle Zustimmung! Der konkrete Fall und die Normalisierung von unangemessenen Durchsuchungen ist ein Skandal.

[–] JoKi@feddit.org 9 points 4 days ago (1 children)

Sehr interessanter Bericht, der die ganze Geschichte nochmal von einer anderen Seite beleuchtet und meinen bisherigen Eindruck an der Geschichte untermauert. Der Direktorenposten von Frau Merz bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie involviert war. Der Beschluss des Richters war handwerklich sehr schlecht und von Lücken im Ablauf gespickt. Die Rolle des Polizisten ist in der Sache am fragwürdigsten, da er befangen war und dennoch an entscheidender Stelle eingriff.

[–] ladicius@lemmy.world 10 points 4 days ago (2 children)

Die Verwandtschaftsverhältnisse der Chefin dürften bekannt sein, und eine gewisse Neigung und Erwartung werden wohl auch durch alle Interaktionen mit ihr wabern.

Ich vermute weiterhin vorauseilenden Gehorsam, unser vermutlich war es sogar erwarteter Gehorsam.

[–] WalterLego@lemmy.zip 6 points 4 days ago (1 children)

So schätze ich das auch ein. Ein Gericht ist eine starr hierarchisch aufgebaute Organisation, mutmaßlich voller Menschen, die so arbeiten, dass sie bei Vorgesetzten gut ankommen. Das hat großen Einfluss auf die eigene Arbeitsweise. Und die Chefin verantwortet die Kultur in der Organisation. Man sollte ihr zwar keinen Strick daraus drehen, aber man muss den Zusammenhang erkennen und Maßnahmen dagegen ergreifen.

Das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Judikative sind fundamental für unsere Demokratie. Deshalb arbeiten die Nazis auch so intensiv daran, sie zu beschädigen. Solche Fälle dürfen nicht folgenlos bleiben, weil es die Ausnahme ist, wenn sie an die Öffentlichkeit können. Der Verdacht liegt nahe, dass das repräsentativ für die Arbeitsweise im Gericht ist. Deshalb wird man auch die Aufarbeitung für repräsentativ halten.

[–] Fiona@lemmy.blahaj.zone 4 points 4 days ago (1 children)

So schätze ich das auch ein. Ein Gericht ist eine starr hierarchisch aufgebaute Organisation, mutmaßlich voller Menschen, die so arbeiten, dass sie bei Vorgesetzten gut ankommen.

Mit der These wäre ich sehr vorsichtig: Eigentlich höre ich eher die Variante, dass Richter gerne mal Egomanen sind die sich in ihrer richterlichen Unabhängigkeit sonnen (und auch entsprechend hart auf ihr bestehen), weil ihnen gerade Niemand was kann. Klar gibt es da ein gewisses Maß an Hierarchie, aber gerade auch am Amtsgericht sind das ja auch in der Regel kleine Verfahren, bei denen ein einzelner Richter alleine (oder mit zwei Schöffen) entscheidet und die Überprüfung sowieso nur durch höhere Instanzen erfolgt…

Also wenn überhaupt würde ich spekulieren, dass Gerichte zu wenig Kontrolle erfahren, nicht dass es da groß Hierarchie-Probleme gibt.

Wenn überhaupt könnte ich mir in dem Fall vorstellen, dass es war weil es noch ein Richter auf Probe war, aber auch da wäre ich vorsichtig, weil eine Abweichung von klaren Prozessen dir viel mehr um die Ohren fliegen kann, als ein Beharren auf diesen.

[–] WalterLego@lemmy.zip 1 points 3 days ago

Danke, das ist ein guter Punkt. Ich bin wohl zu sehr von meinen Erfahrungen im Arbeitsleben ausgegangen.

[–] JoKi@feddit.org 5 points 4 days ago

Im Gesamtpaket hat die ganze Sache natürlich ein ziemliches Geschmäckle. Für mich ist die Rolle des Polizisten allerdings deutlich problematischer, da dieser nachweislich direkt in den Verlauf eingegriffen hat und überhaupt erst die vermeintliche Grundlage für den Beschluss geliefert hat. Und der Richter auf Probe hat sich hoffentlich auch erst mal für weitere Entscheidungen in diese Richtung disqualifiziert. Ich kann deshalb durchaus nachvollziehen, dass aus fachlicher Sicht der Fokus auf die Position von Charlotte Merz die drängenderen Fragen in dem Fall überschatten. Das hätte u.U. auch ohne Sie passieren können, was vermutlich nicht mal halb so viel Aufmerksamkeit bekommen hätte aber weiterhin sehr problematisch wäre.