Hallo zusammen!
meine Freundin und ich sind im Moment an einem Haus zur Eigennutzung interessiert. Wir würden beim Preis gerne noch verhandeln.
Der Verkäufer hat letztes Jahr ein Sachwertgutachten machen lassen. In dem Gutachten wird ein optimaler Verkaufspreis ca. 7% über dem ermittelten Sachwert empfohlen. Das war gegen Ende der Nullzinsphase.
Jetzt liegt der Angebotspreis genau beim Sachwert, der Verkäufer ist also minimal mit dem Preis runtergegangen. Wir würden gerne mit den deutlich gestiegenen Zinsen argumentieren und den Preis noch etwas drücken wollen. Wir sind offenbar auch seit längerer Zeit die ersten Interessenten.
Damit kämen wir aber mehr oder weniger deutlich unter dem Sachwert raus und ich gehe davon aus, dass der Verkäufer da mauern wird.
Meine Frage: ist es grundsatzlich üblich, dass ein Haus auch mal unter dem Sachwert verkauft wird? Und ist das in der aktuellen Marktsituation auch realistisch?
Bezahlen könnten wir das Haus so schon. Geht uns eher darum, dass wir nicht zu viel bezahlen wollen, wenn der Marktwert aktuell eigentlich niedriger sein müsste. Ich habe die Eckdaten des Hauses mal online in einen Rechner eingegeben und der kommt bei einem Marktwert 100k unter dem Angebotspreis raus. Da wird natürlich bei weitem nicht alles berücksichtigt, kann sein dass das einfach nicht stimmt, aber die Befürchtung, 100k zu "verschenken" ist natürlich schon da.
Die Situation ist so, dass wir eigentlich keinen großen Druck haben. Das Haus hat uns gefallen, aber wir müssen jetzt nicht aus Platzgründen o.ä. aus der Mietwohnung raus und wir würden sicher früher oder später auch ein anderes Haus finden, das uns gefällt. Gleichzeitig verdienen wir gut und können viel Geld zurücklegen, sodass unser Eigenkapital immer weiter anwächst.
Der Verkäufer auf der anderen Seite scheint seit längerer Zeit keine anderen Interessenten zu haben. Finanziellen Druck hat er wohl nicht, aber wir hatten schon den Eindruck, dass er das Thema auch endlich mal abhaken will.
Der Marktwert ist eben auch das, was ihr dafür bezahlt. Bei Immobilien ist immer ein großer Grad an Schwankung drin, weil diese jeweils einzigartig sind. Ob ihr heute 100k "verschenkt" ist auch zweitrangig, wenn die Preise in ein paar Jahren vielleicht wieder höher sind, und ihr dann "Martkwert" mehr bezahlt.
Wenn ihr keinen Druck habt, dann probiert es. Mehr als "Nein" sagen kann der Verkäufer auch nicht. Falls ihr irgendwo auf dem Dorf kauft, müsst ihr natürlich damit rechnen, dass sich das rumspricht und damit leben können. Erfahrungsgemäß ist es aber immer schwierig aus der Stadt aufs Dorf zu ziehen, und dort innerhalb der ersten zwei drei Generationen dazuzuzugehören. Das ist aber noch mal ein Thema abseits von der Preisfrage.
Letztlich noch mal der Tipp, dass es bei dem Eigenheim darum gehen sollte, dass ihr ein Haus habt, mit dem ihr glücklich seid und euren Lebensentwurf leben könnt. Es ist keine reine Investition, die nur Rückflüsse generieren soll.
Im Zweifel müsst ihr eben ein neues Gutachten in Auftrag geben, oder den Weg über einen Makler gehen, der dann seine "Experten" Meinung dazu gibt. Rechner im Internet sind leider nicht verlässlich. @tryptaminev@feddit.de hat es schon sehr gut beschrieben. Im Worst Case ist der Verkäufer halt von eurem seiner Meinung nach zu niedrigen Angebot beleidigt und will gar nicht mehr verkaufen, aber so ist das eben nun mal. Der Sachwert spielt eben nun mal überhaupt keine Rolle, auch wenn der Verkäufer das vielleicht anders sieht. Der eigentliche Wert der Immobilie ist eben nur höchstens das, was jemand anderes bereit ist dafür zu bezahlen, auch genannt Marktwert. Klar kannst du versuchen über gestiegende Zinsen zu argumentieren oder noch andere Argumente anbringen, z.B. Zustand. Aber eigentlich müsst ihr euch nicht für eueren gebotenen Preis rechtfertigen, genau so wenig wie sich der Verkäufer für seinen Verkaufspreis rechtfertigen muss.